Dankadresse von Prof. Ammon

Dankadresse von Prof. Ammon

Dankadresse anlässlich der Verleihung der Ehrenmitgliedschaft in der Deutschen Pharmazeutischen Gesellschaft

Herr Präsident Prof. Laufer, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen,

für die Verleihung der Ehrenmitgliedschaft unserer Gesellschaft möchte ich mich bei Präsidium und Vorstand sehr herzlich bedanken. Sie haben mir damit eine große Freude bereitet. Lassen Sie mich, Herr Präsident, einige persönliche Bemerkungen machen, die mich bewegen und die mit meinem Engagement für die Pharmazie zu tun haben.

Ich gehöre noch zu den Pharmazeuten, die eine zweijährige Lehrzeit vor Beginn des eigentlichen Studiums zu absolvieren hatten. Naturgemäß kam ich dabei häufig in Kontakt mit Patienten, die Auskunft über die von ihnen erworbenen Arzneimittel haben wollten. Seien es Dosierung, Wirkung, Einnahme vor oder nach dem Essen, Nebenwirkungen und Verträglichkeit mit anderen Arzneimitteln. Da war ich oft ratlos. Ähnlich erging es selbst approbierten Apothekern.

Als ich 1954 in Erlangen mit dem Studium der Pharmazie begann, bestand dieses im wesentlichen auf der Vermittlung chemischer und analytischer Kenntnisse. Die Pharmazeutische Technologie stand in den Startlöchern, der damalige Technologe Prof. Sucker hatte gerade einmal ein Labor im Keller des Instituts und was Pflanzenkunde/Heilpflanzen-kunde anlangte, musste man sich ins Botanische Institut begeben, zu Prof. Schwemmle.

Nachdem ich mich 4 Semester lang mit Chemie und chemischer Analytik befasste, fragte ich eines Tages den Direktor des Instituts, Herrn Prof. Dann, wann wir denn etwas über die Wirkung der Arzneimittel erfahren würden, denn in der Apotheke werde ich nicht nach den Formeln der Arzneistoffe, sondern nach deren Wirkung gefragt. Die lapidare Antwort war: dies sei in der Approbationsordnung nicht vorgesehen. Aber wenn Sie darüber etwas wissen wollen, so gehen Sie doch in die Vorlesung von Prof. Heim, dem Pharmakologen in der Medizinischen Fakultät.

Ich ging in die Vorlesung, verstand aber nur Bahnhof, denn es fehlten mir sämtliche Grundlagen der Anatomie, Physiologie und der Biochemie.

Fast als Protest begann ich Medizin als Zweitstudium und wünschte mir, falls ich irgendwann die Gelegenheit bekäme, mich bei einer zukünftigen Änderung der Ausbildung für Pharmazeuten einzubringen.

Zu guter Letzt am Pharmakologischen Institut der Universität Erlangen gelandet und dort für Pharmakologie und Toxikologie promoviert und habilitiert, bekam ich 1974 als apl. Professor für Pharmakologie einen Ruf an das Pharmazeutische Institut der Universität Tübingen mit der Aufgabe, dort einen Lehrstuhl für Pharmakologie und Toxikologie zu begründen, der gleichzeitig die Lehre im Bereich Anatomie und Physiologie vertritt.

Grund war eine Änderung der AO für Apotheker aus dem Jahr 1972, die Pharmakologie als Prüfungsfach einführte.

Es war das Verdienst und der Weitsicht von Prof. Auterhoff, dem damaligen Direktor des Instituts, einen Lehrstuhl für Pharmakologie einzuführen und dafür auch eigene Mittel und Personal abzugeben. Ergebnis: Pharmazie in Tübingen aus einem Guß.

Leider hat sich diese Weitsichtigkeit nicht an allen deutschen Instituten durchgesetzt, denn nur wenige wie Frankfurt (Mutschler), Marburg (Krieglstein) und Regensburg (Grobecker) folgten zunächst diesem Beispiel. Die anderen Institute deckten ihren Lehrbedarf durch Importe aus den Medizinischen Fakultäten.

Wie dem auch sei, auch die Änderung der AO 1972 war nicht optimal, blieben die Anzahl der Lehrveranstaltungen im Bereich Phasmokologie sowie der medizinischen Grundlagen doch unter 10 % des Lehrangebotes in der Pharmazie.

Dies galt es zu ändern: In vielen Gesprächen, Veröffentlichungen und Verhandlungen mit dem zuständigen Bundesinnenministerium wurde die AO für Apotheker im Jahr 1989 wieder geändert, und der Anteil der Pharmakologie sowie der medizinischen Grundlagenfächer liegt jetzt knapp unter 20 %. Zusätzlich eingeführt wurde als neues Prüfungsfach die Klinische Pharmazie.

Wir haben es also heute mit einem wissenschaftlich hochqualifiziert ausgebildeten und vielseitig verwendbaren Pharmazeuten zu tun, der dieses Wissen auch in der Apotheke bei der Beratung des Patienten einbringen kann und damit einen wichtigen Beitrag zur sicheren Anwendung von Arzneimitteln leistet.

Vor diesem Hintergrund ist es inakzeptabel, wenn heute geschäftstüchtige Rosinenpicker des Versandhandels Arzneimittel mit der Post verschicken und sich auch noch erdreisten, Arzneimittel-Abgabe-Automaten aufstellen zu wollen.

Arzneimittel, seien sie rezeptpflichtig oder nicht, sind Stoffe, die präventiv oder therapeutisch normale oder krankhaft veränderte Organfunktionen beeinflusssen. Ihre fachgerechte Anwendung bedarf der jederzeit verfügbaren Möglichkeit der vis à vis Beratung durch den Arzneimittelfachman, dem Apotheker. Dies dient auch dem Schutz des Patienten. Darüberhinaus ist die Apotheke erste Anlaufstelle für Fragen aus den Bereichen Krankheit/Gesundheit.

Begründet wird der Versand vordergründig mit einer flächendeckenden Versorgung, da immer mehr ländliche Apotheken schließen. Auch wird ein Preisvorteil für den Patienten ins Feld geführt. Der Status der öffentlichen Apotheken wird dabei konterkariert.

In Deutschland hat die Apotheke seit der Trennung von Arzt- und Apothekerberuf durch Kaiser Friedrich II 1241 eine eigene Tradition und Kultur bis zur hochwissenschaftlichen Qualifikation des Apothekers geführt, die dem Patienten vor Ort und sofort qualifizierte Beratung über Arzneimittel, aber auch in medizinischen Fragen und Empfehlungen bietet. Dies gilt es zu erhalten, hat aber auch seinen Preis. Ich kenne keinen Beruf, der mit Ware handelt und dafür eine wissenschaftliche Ausbildung benötigt.

So wie bisher kann es jedenfalls nicht weitergehen!

Um eine flächendeckende Versorgung zu gewährleisten, müsste sich die ABDA etwas einfallen lassen, z.B. eine mobile Apotheke mit pharmazeutischem Personal.

In diesem Zusammenhang ist es auch Aufgabe der DPhG, sich Entwicklungen wie Arzneimittelversand entgegenzustemmen.

Das Wort Liberalisierung des Handels als Argument aus Brüssel hat bei Arzneimitteln eine Grenze. Es ist an der Zeit, dass diesem Treiben ein Ende gesetzt wird und dass sich etwas ändert.

Meine Damen und Herren, ich darf mich nochmals für die Ehrung bedanken und Ihnen danke ich für die Aufmerksamkeit.

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